Gross, grösser, Russland


Reibungslos verlief der Grenzübertritt und wir bekamen schon einmal einen Vorgeschmack auf die russische Bevölkerung. Die Beamten waren durchs Band nett und hilfsbereit. Ohne Umwege fuhren wir in die grenznahe Stadt Vladikavkaz. Zu Fuss und mit der Marschrutka ging es ins Zentrum, wo wir uns Rubel und eine SIM-Karte besorgten. Ein Gewitterregen überraschte uns und wir fanden vor einer Stalovaya (typisch russisches Restaurant mit Buffet und Selbstbedienung) Unterschlupf. Leider war sie seit einer viertel Stunde zu und während des Wartens kamen die Angestellten raus. Eine hatte wohl Mitleid mit uns und gab uns ihren Teil vom übrig gebliebenen Essen ab, die besten Kartoffel und der beste Kuchen, den wir in Russland gegessen hatten. Nachdem der Regen nachgelassen hatte, deckten wir uns noch auf dem Markt mit eingelegtem Gemüse und Salaten ein und fuhren zurück zu Emma. Von nun an ging es in Südrussland entlang der kasachischen Grenze Richtung Nordosten.

Die Landschaft wurde flacher und unvorstellbar grosse Felder säumten die Strasse, mitten durch die Kornkammer Russlands gings, über teils ziemlich holperige Strassen.

Links und rechts der Strasse sind die Weizenfelder

In Elista, der Hauptstadt des Oblast Kalmükyien, verbrachten wir zwei Nächte. Hier besteht die Bevölkerung aus ca. 90 % Westmongolen. Dies sahen wir dann am nächsten Tag. Da es 1. Mai war, gab es diverse Veranstaltungen in der Stadt. Wir hörten einem Kinderensemble zu, das in traditioneller Kleidung alte Volkslieder vortrug und sahen anderen Kindern beim Tanzen zu. Danach liefen wir bei sommerlichen Temperaturen zum Tempel, wo die grösste Buddahstatue Europas steht. Zudem gab es in der Stadt überall kleine Tempelanlagen.

Der Tempel, in welcher die Buddahstatue ist

Nun wollten wir die Registrierung, welche in den ersten sieben Arbeitstagen nach Einreise in Russland gemacht werden sollte, in Wolgograd ausführen lassen. Zuerst sagte uns das Hostel zu, dass es dies machen könne, aber zwei Tage später hatten wir die Registrierung immer noch nicht. Die Zeit verbrachten wir mit waschen und an einem Tag fuhren wir mit dem Tram ins Zentrum, wo wir durch diverse Parks schlenderten und uns das Museum zur Belagerung von Stalingrad im 2. Weltkrieg anschauten. Anschliessend gönnten wir uns ein paar leckere Blinis (Crêpes mit verschiedenen Füllungen) und fuhren wieder mit dem Tram zurück.

Eines der letzten Überbleibsel aus dem 2. Weltkrieg, eine Mühle

Auf dem Weg Richtung Osten verbrachten wir eine weitere Nacht am Ende eines kleinen Dorfes direkt über Steilklippen oberhalb der Wolga. Schön war der spätabendliche Spaziergang und die ruhige Nacht.

Schön eingepackt gehts zum Spaziergang
Abendliche Stimmung an der Wolga

Es ging nun weiter nach Balakovo, wo wir geleitet durch unsere Navigation nicht bis zur Wolga fahren konnten, sondern vor einem Erholungsort (Gästehäuser und grosse Parkanlage) Endstation war. Die Verwalterin, Galina, kam heraus und wir verstanden, dass wir hier ohne Probleme parken durften. Von der langen Fahrt waren wir müde und Galina hatte Freude an uns und nahm uns sogleich mehrmals in den Arm. Als sie dann sogar noch Mattis sah, der „slatki maltschik“ (süsser Junge) war es vorbei. Sie war den Tränen nahe und hiess uns willkommen. Wir genossen die Ruhe für die nächsten zwei Tage, machten ein wenig Wartung an Emma und gingen spazieren.

Galina, eine weitere nette Bekanntschaft

Nach einem herzhaften Abschied von Galina ging es weiter Richtung Samara. Kurz vor Ankunft tankten wir billigen Diesel, in der Annahme, dass unser alter Lkw mehr oder weniger alles verbrennen kann. 50 Kilometer nach dem Tanken legten wir nochmals eine Pause zum Stillen von Mattis ein und dies direkt neben sieben Lkw Fahrern, die dort die Nacht verbringen wollten. Als wir losfahren wollten, streikte Emma plötzlich und mit der Hilfe der Lkw Fahrer fanden wir heraus, dass wir ein ziemlich dreckiges Gemisch getankt hatten, was mehr Benzin als Diesel war. Sie waren nicht überrascht und sagten uns, dass grundsätzlich nur bei drei namhaften Tankstellen getankt werden sollte. Zum Glück hatten wir einen fast leeren Tank und im Ersatztank noch guten Diesel, so dass wir umpumpen konnten und weiter ging es. Durch den Unterbruch mit Fahrerhaus kippen kamen wir erst im Dunkeln an, aber wir fanden trotzdem noch einen gut gelegen, bewachten Parkplatz.
Am anderen Tag war der 9. Mai, der Tag des Sieges über das Deutsche Reich im 2. Weltkrieg. Riesige Menschenmassen waren im Zentrum, wo eine Militärparade stattfand, welche als Aussenstehende interessant anzuschauen war.

Verschiedene Gruppen, Musikanten und Fahrzeuge passierten die Zuschauer

Da es ziemlich warm war, gingen wir mittags wieder zurück zu Emma. Dort unterhielten wir uns mit dem Parkplatzwächter und einigen anderen, die ein Camper und Boot abgestellt hatten. Nach einer Weile kam auch der Besitzer des Parkplatzes mit seiner Frau, beide in unserem Alter. Zusammen mit Johannes genossen sie guten Vodka. Später luden sie uns zu sich in ihre Wohnung ein, um das Feuerwerk zur Feier zu besichtigen. Es wurde ein leckeres, spätes Abendessen aufgetischt und anschliessend das Feuerwerk angeschaut.

Ein süsses Hundebaby war auch Bewohner des Parkplatzes
Trotz Sprachbarriere wurde versucht, sich zu unterhalten, der Vodka half…

Da die Registrierung in Wolgograd bekanntlich nicht geklappt hatte, wollten wir es nochmals in einem Hostel in Samara versuchen. Wir fanden eines in der Nähe, wo wir sogar Emma davor parken konnten und innerhalb einer Stunde war die Registrierung abgeschlossen. Wir genossen nochmals einen Tag ausruhen und gute Duschen.
Unser nächstes Ziel war der Ural und ein Stück vor Ufa fanden wir unweit der Hauptstrasse ein schönes Plätzchen in der Nachbarschaft eines Dorfes. Da es späterer Mittag war, machten wir uns auf zu einem Spaziergang durch das Dorf, welches hauptsächlich von Tartaren bewohnt wird. Auf dem Rückweg hielten wir im Dorfladen an und unterhielten uns mit dem Besitzer, der uns unter anderem erklärte, dass jedes Haus im Dorf eine eigene Banja besitzt. Offensichtlich freute er sich über unseren Besuch und wollte uns fast nicht mehr gehen lassen. Als wir dann fast fertig waren mit unserem Nachtessen, klopfte es plötzlich an unserer Tür und der Ladenbesitzer und sein Sohn luden uns zum Tee ein. Wir machten Mattis bettfertig und wurden vom Sohn, Ilfat, mit dem Auto abgeholt. Nun ging es zu seinem Haus, wo Julia, seine Frau, uns schon erwartete und uns nochmals ein kleines Abendessen auftischte. Beide waren Lehrer im Dorf und um die 25 Jahre alt. Abends um 10 Uhr sagten sie uns dann, dass die Banja nun warm sei und wir nun gehen können. Wir waren ein wenig überrumpelt, doch es war ein unvergessliches Erlebnis für uns, sowie auch der Abend mit den Zweien, wo wir einiges über ihr Leben erfahren haben.

Das Museum inklusive der Dorfmoschee
Frisch und erholt, gibt es nochmals Tee und etwas kleines zum Essen, bevor es ins Bett geht

Weiter ging es nun Richtung Osten durch den südlichen Ural und als nächsten Stopp hatten wir uns ein Klettergebiet ausgesucht. In der Nähe war eine der schönsten Landschaften, grössere und kleinere Seen eingebettet in sanften Hügeln, auf welchen hauptsächlich Birken wachsen.

Auf dem Weg kamen wir per Zufall beim Fahrzeughersteller Ural vorbei, leider war es zu spät für eine Führung
Ein schönes Gebiet zum Erholen
Blick über die sanften, bewaldeten Hügel
Ein sibirischer Jagdhund der Rasse Laika

Anschliessend fuhren wir zu dem bis anhin nördlichsten Punkt unserer Reise, Jekaterinenburg. Wir merkten dies auch an den kurzen Nächten. So war es auch nicht weiter schlimm, wenn Mattis früh essen wollte, es war dann sowieso schon hell. Wir blieben für zwei Nächte und machten einen kleinen Spaziergang in der grossen Stadt und zur Krönung gönnten wir uns in einem guten Restaurant leckere Pelmenis.

Im Zentrum von Jekaterinenburg
Auf dem Nachhauseweg durch den Stadtpark gab es Eichhörnchen zum Bestaunen

Unsere Route in den Süden wählten wir östlich des Urals durch eine Spätwinterlandschaft, geprägt von Dörfern und kleineren Städten.

Wir passierten zum zweiten Mal die Geografische Grenze zwischen Europa und Asien

In der Stadt Bolsheustyikinskoye, wohin wir nach einem Gewittersturm geflüchtet sind, machten wir einen längeren Halt.

Ortsschild des Dorfes inklusive der typischen, farbigen Häuser im Hintergrund

Bevor es weiterging, wollten wir in der kleinen Stadt noch Wasser tanken. Uns wurde der Ort einer Kalonka (im Boden verbauter Brunnen mit Pumpe) erklärt, welche wir dann in einer Seitenstrasse fanden. Als wir mit dem Betanken anfingen, kam ein Bewohner der Stadt und erzählte Johannes auf russisch, dass er mit Freunden und ihren Fahrzeugen Asien bis Myanmar bereist hat und er gab Johannes mehrere Kontakte an. Wieder kam eine Gewitterfront und wir unterbrachen das Betanken. Weiter gings und wieder wurden wir unterbrochen, dieses Mal von Mitarbeitern und Kursteilnehmern einer Gleitschirmschule. Wir wurden von ihnen eingeladen, auf ihrem Gelände zu stehen und durften mit ihnen die Banja benutzen und auch einmal waschen. Am Abend schauten wir Fotos von der Reise nach Myanmar an und am nächsten Tag besuchten wir die Flugschüler bei ihren Übungsstunden.

Gut eingepackt…
… schauten wir den ersten Flugversuchen der Schüler zu

Nach der Erholung ging es für uns wieder weiter nach Süden, wo wir dieses Mal auf der Hauptstrasse durch den Ural fuhren, aber anstatt nach Norden nach Süden abgebogen sind. Mit zwei Übernachtungsstopps und über teils ziemliche Rüttelpisten ging es nach Orsk. Kurz vor Ablauf des Visas verbrachten wir noch zwei Nächte in der Grenzstadt, wobei der eine Tag richtig heiss war, mit warmen 38 Grad im Lkw.

Die alten und neuen Helden von Russland

Am folgenden Tag regnete es und kühlte merklich ab, wir fuhren an die kasachische Grenze und vielleicht auch infolge des Wetters, ging alles ziemlich flott. Die 30 Tage vergingen wie im Flug und irgendwie haben wir das Gefühl, trotz den vielen gefahrenen Kilometern, noch nicht so viel vom Land gesehen zu haben. Wir freuen uns schon jetzt auf die Fortsetzung unserer Russlanderkundung in der Region beim Baikalsee.

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